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Bombycidae - Typenverzeichnis


Über (18) Bombycidae

Die „Echten Spinner“ (Bombycidae) sind eine Familie der Schmetterlinge (Nachtfalter), die weltweit etwa 350 Arten umfasst. Ihr Hauptverbreitungsgebiet sind die Tropen. Die meisten Arten sind in Asien und in der Neotropis verbreitet, während die Familie in Europa, abgesehen von zur Seidengewinnung importierten Zuchtexemplaren, keine Vertreter aufweist. Die mittelgroßen bis großen Falter sind nachtaktiv. In ihrer Ruheposition haben sie ihre Flügel charakteristisch im rechten Winkel zueinander geöffnet. Ihr Körperbau ist massiv, die Flügel sind kräftig und breit, wobei einige Arten, besonders die der Unterfamilie Phiditiinae, stark gefaltete Flügel aufweisen.
Die schwarzen Fühler der Männchen sind gefiedert, die der Unterfamilie Phiditiinae weisen entlang der Fühlersegmente zusätzlich eine Reihe von Zähnchen auf. Die Fühler der Weibchen sind überwiegend fadenförmig, aber es gibt auch Arten, bei denen sie gefiedert sind. Die Maxillarpalpen fehlen oder sind reduziert, der nicht funktionsfähige Saugrüssel ist verkümmert oder nicht mehr entwickelt. Die zwei- bis dreisegmentigen Labialpalpen sind entweder kurz oder zurückgebildet.

Die Raupen haben meist sehr kurze, feine Haare. Sie verpuppen sich in einem dicht gesponnenen Kokons. Aus den Kokons von Seidenspinnerarten wird Seide hergestellt.

Bombyx mori, der Maulbeerspinner oder allgemein Seidenspinner benannt, der dieser Familie auch den Namen gab, ist der typische und best bekannte Vertreter. Die Falter haben eine Spannweite von 32 bis 38 Millimeter, sind mehlweiß bis perlgrau und besitzen blass gelbbraune Querstreifen auf den Flügeln. Eine weitere bekannte Art, die zu Zuchten verwendet wird, ist die ebenfalls in Asien, speziell in Nordindien, Nordchina, Korea, Japan und in fernöstlichen Regionen Russlands heimische Bombyx mandarina. Als Seidenspinner werden aber auch andere Schmetterlingsarten bezeichnet, deren Kokons ebenfalls zur Gewinnung von Seide genutzt werden. Dies sind Arten wie Hyalophora cecropia, Antheraea pernyi (Chinesischer Eichenseidenspinner), Antheraea yamamai (Japanischer Eichenseidenspinner), Antheraea mylitta, A. roylei, Antheraea assama, Attacus atlas (Atlasspinner) oder Arten der Gattungen Gonometa und Anaphe. In Europa wurde vermehrt der Götterbaum-Spinner (Samia cynthia), der sich von den Blättern des Götterbaumes (Ailanthus altissima) ernährt, zur Seidenherstellung genutzt.

Ursprünglich dürfte die domestizierte Seidenraupe eher aus China als aus Japan oder Korea stammen. Schon früh nutzte der Mensch deren Fähigkeit zur Erzeugung von Seide. So wurden bereits vor 5000 Jahren in China Seidenraupen gezüchtet. Wegen der Seidenherstellung wurde der Seidenspinner bis heute auch außerhalb seines ursprünglichen Lebensraumes domestiziert. Wichtigste Erzeugerländer von Seide sind heute neben China, Kambodscha, Vietnam, Japan, Indien und auch noch Südeuropa. Seit den 1950er-Jahren wurde auch in Brasilien durch japanische Einwanderer die Seidenzucht eingeführt. Brasilien gilt heute dank der industriellen Produktion und hervorragender klimatischer Bedingungen als bedeutendes Erzeugerland.
Die Entwicklungsdauer der Seidenspinnersraupe vom Ausschlüpfen aus dem Ei bis zum Verfertigen des Kokons dauert in der Regel 30 bis 35 Tage. Nach der sechs- bis achtstündigen Paarung legt das Weibchen in wenigen Tagen zirka 400 Eier und stirbt anschließend. Die zunächst gelben Eier werden nach einigen Tagen dunkler und schließlich grau. Aus den befruchteten Eiern schlüpfen nach dem Überwintern die Seidenraupen.

Die helle Eiraupe verfärbt nach der ersten Häutung perlgrau, teils auch ins Bräunliche oder Gelbliche. Einige aberrative Formen können auch schwärzlichgrau, samtschwarz oder am ganzen Körper dunkel quergestreift sein. Sie haben alle vier Bauchbeinpaare und besitzen am elften Segment einen Hautzapfen. Vom Kopf bis zu diesem Zapfen verläuft ein bläulichgraues Band. Auf der Dorsalseite des dritten und achten Ringes finden sich zwei halbmondförmige Flecke, welche aber bei einigen Zuchtformen fehlen. Die Seidenraupe häutet sich viermal. Ihre Spinndrüsen bestehen aus einem vielfach gewundenen Schlauch, dessen hinterer Teil die aus Proteinen bestehende Seidensubstanz absondert. Das Seidenmaterial wird durch dünne Ausführungsgänge zu der im Kopf gelegenen Spinnwarze und von dort aus dem Körper geleitet. Die aus der Spinnwarze austretende Substanz erhärtet an der Luft sofort zu einem Faden. Indem die Raupe beim Austreten des Materials gezielte Kopfbewegungen macht, legt sie Fadenwindung für Fadenwindung um sich herum. Nach dem anfänglichen Ausstoß einer unregelmäßigen, lockeren Fasermasse, der „Wattseide“, ist sie in kurzer Zeit von einem dichten Seidengespinst, dem Kokon, eingeschlossen. Dieser Kokon besteht aus einem einzigen bis zu 900 Meter langen Faden. Durch Kreuzungen erhält man bei den Seidenfäden unterschiedliche Farben, wie etwa goldgelbe und andere Nuancen.

Der Kokon ist länglich-oval, bei den einheimischen Rassen strohgelb, bei den japanischen Rassen grünlich, bei den Weißspinnern weiß. Acht Tage nach dem Einspinnen verpuppt sich die Seidenraupe, nach weiteren acht Tagen schlüpft der Schmetterling, wobei er den Kokon durch eine bräunliche Flüssigkeit an einer Stelle auflöst.

Aus den Zuchten der ehemaligen Reichsanstalt für Seidenbau in Celle bei Hannover stammendes und mit Teilen des Nachlasses Dr. R. GLEICHAUF ins Museum gelangtes Anschauungsmaterial an Kokons des Maulbeerspinners liefert anschaulich Beispiele für qualitativ verschiedenes dort erzeugtes und verarbeitetes "Seidenrohmaterial". Mit dem Nachlass GLEICHAUF gelangte auch eingehendes lehrsames Schrifttum über die Geschichte der Seidenerzeugung ins Museum Witt.

Die folgenden Abbildungen zeigen zwei Schaukästen mit Bombyx mori-Kokons einer Zucht Jahrgang 1936, durchgeführt in der „Staatlich anerkannten Versuchs- und Forschungsanstalt für Seidenbau“ in Celle (ex coll. R. Gleichauf).





Zwei Kästen mit Kokons von Bombyx mori L. aus einer Zucht 1936 aus der „Staatlich anerkannten Versuchs- und Forschungsanstalt für Seidenbau“ in Celle (ex coll. R. Gleichauf)

Der verstorbene Dr. Wolfgang DIERL, ehemaliger Kustos der Zoologischen Staatssammlung, München, hatte sich mit der Familie Bombycidae beschäftigt. Als Ergebnis seiner Forschungen sind zwei Bearbeitungen der Ocinara-Gruppe erschienen.

Die unbearbeiteten Neueingänge im Museum WITT wurden bislang von Dr.Vadim ZOLOTUHIN eingesehen und vorgeordnet. Es stellt sich heraus, dass sie eine beträchtliche Anzahl unbestimmbarer und offensichtlich bisher unbeschriebenwer Arten enthalten. Als Ergebnis umfangreicher Genitalpräparationen zeichnen sich neue Erkenntnisse ab, die als Gesamtrevision dieser Familie, in die auch das Material aus verschiedenen wichtigen Museen mit einbezogen wird, veröffentlichen werden soll. So findet sich beispielsweise umfangreiches, aus verschiedenen europäischen Museum entliehenes Typenmaterial in der Zoologischen Staatssammlung, München.

Ein erster Erfolg in der Bearbeitung konnte mit der Beschreibung einer zweiten Dalailama-Art erzielt werden, die in den Beständen des Museum WITT entdeckt und als Dalailama vadim Witt, 2006, dem Spezialisten dieser Familie dediziert, beschrieben wurde. Die artenarme Gattung Dalailama, eine vormals monotypische Gattung, stand früher bei den Endromidae, gehört jedoch stammesgeschichtlich zu den Bombycidae.

(Text Josef J. de Freina 09.11.2017)

Korrespondierender Wissenschaftler > Dr. Vadim V. Zolotuhin , Uljanowsk