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Thyritidae - Typenverzeichnis


Über Erycinidae

Erycinidae (Synonymer Name für Riodinidae, Würfelfalter, metalmark butterflies)

Die Würfelfalter sind eine sehr vielfältige Familie. Sie setzen sich aus drei Unterfamilien zusammen und sind weltweit mit etwa 1550 Arten in 146 Gattungen (Stand: 2011) verbreitet. Abgeleitet ist der in Deutschland gebräuchliche Name von der "gewürfelten" Fleckenzeichnung auf den Vorderflügeln der europäischen Art.
Die Familie umfasst kleine bis mittelgroße Arten, etwa von 12 bis 60 Millimeter Spannweite, mit oft lebhafter Färbung. Die Flügelform ist innerhalb der Familie sehr unterschiedlich. Sie erinnern oft an Falter anderer Gruppen. Manche Arten sehen Augenfaltern ähnlich, leuchtend gelbe erinnern an Gelblinge (Coliadinae) und wieder andere haben Schwänzchen wie sie bei den Papilioniden anzutreffen sind. Die Färbung reicht von gedeckten Farben, wie sie vor allem in den gemäßigten Zonen anzutreffen sind, über irisierende blaue und grüne Flügel bis zu transparenten Flügeln. Die bei vielen amerikanischen Arten vorhandenen goldenen oder silbrigen metallischen Flecken auf den Flügeln haben ihnen den englischen Trivialnamen "Metalmarks" eingebracht.
Eine Reihe von Arten ahmen als abschreckendes Vorbild giftige Falter anderer Familien nach (Bates’sche Mimikry). Durch die Mimikry tragen oft eng verwandte Arten völlig verschiedene Flügelzeichnungen, wie zum Beispiel die Arten der Gattung Thisbe. Viele Arten imitieren das Flecken- und Streifenmuster der giftigen Ithomiini (Edelfalter). Bates’sche Mimikry scheint in der Familie weiter verbreitet zu sein als in jeder anderen Insektenfamilie vergleichbarer Größe. Gründe dafür sind unbekannt.
Der eindeutige Verbreitungsschwerpunkt der Erycinidae liegt in tropischen Regenwäldern Südamerikas. So sind die Unterfamilien Euselasiinae und Riodininae, die sich jeweils aus einigen Gattungen zusammensetzen, alle in der amerikanischen Fauna beheimatet. Nemeobiinae sind dagegen palaearktisch verbreitet. In Europa ist der Schlüsselblumen-Würfelfalter (Hamearis lucina) der einzige Vertreter.
Die Erycinidae werden als eigenständige Tagfalterfamilie innerhalb der Superfamilie Papilionoidea eingestuft. Allgemein wird diese Einschätzung akzeptiert, obwohl sie einige Autoren wie Ackery et al. (1999) oder Kristensen (1998) aufgrund morphologischer Gemeinsamkeiten nach wie vor als Unterfamilie Riodininae der Lycaenidae (Bläulinge interpretieren.
In der Tat ist die Abgrenzung zu den Bläulingen wegen morphologischer Autapomorphien schwierig. Das erste Beinpaar der Männchen, das am Prothorax entspringt, ist weniger als halb so lang wie die Beine des Pterothorax und wird nicht zum Laufen verwendet. Die einzelnen Tarsenglieder sind miteinander, manchmal auch mit der Tibia, verwachsen, die Prätarsen besitzen keine Klauen. Dieses Merkmal findet sich auch bei einigen Bläulingen, aber bei diesen sind die Beine immer deutlich länger. Die Sinneshärchen an den Tarsen der weiblichen Vorderbeine sind in einer Gruppe angeordnet. Eine weitere Autapomorphie begründet sich durch das Fehlen der hinteren Fortsätze (Apophysen) der weiblichen Genitalien. Dieses Merkmal findet sich aber auch bei einigen Arten der Unterfamilie der Poritiinae. Außerdem besitzen fast alle Riodinidae im Gegensatz zu den Lycaenidae eine Humeralader im Hinterflügel und die Costalader ist verdickt (Ausnahmen bei der Unterfamilie Hamearinae). Meist ist außerdem der Kopf im Verhältnis zu den Augen breiter, wodurch die Antennenbasen etwas vom Auge abgerückt sind. Die, typisch für Tagfalter, am Ende gekeulten Antennen sind meist relativ lang, sie erreichen oft die halbe Vorderflügellänge.
Erycinidae weisen eine ungewöhnliche Vielfalt bei den Chromosomenzahlen auf und nur einige sehr basal stehende Gruppen besitzen die für Schmetterlinge typischen n=29 bis 31 oder die für Bläulinge charakteristischen n=23 bis 24. In einigen Fällen besitzen Vertreter einer Art variable Zahlen, ein Hinweis auf morphologisch nicht unterscheidbare Kryptospezies.
Die Eier sind relativ unterschiedlich geform. Viele sind abgeflacht und haben die Form einer Kuppel oder eines Turbans, sind aber wie bei den Bläulingen üblich strukturiert. Die Raupen sind meist länger behaart als diejenigen der Bläulinge. Ausnahme bilden die myrmekophilen, bei Ameisen lebenden Arten.
Die Familie kommt in einer Vielzahl von unterschiedlichen Lebensräumen vor, weist aber einen eindeutigen Verbreitungsschwerpunkt in tropischen Regenwäldern Südamerikas auf. Viele Arten werden nur selten gefunden und haben ein relativ kleines Verbreitungsgebiet. Arten der Gattung Charis wurden untersucht und verwendet, um die Waldgeschichte des Amazonasbeckens zu rekonstruieren: Jede der 19 Arten weist ein vikariierendes Verbreitungsgebiet auf, und aus dem Verbreitungsbild und der Verwandtschaft der Arten untereinander können drei ursprünglich getrennte Waldgebiete (oberer, unterer Amazonas, Guyana) abgeleitet werden.
Für weniger als zehn Prozent der Arten liegen Studien zur Biologie oder Lebensweise vor]. Zu den Nahrungspflanzen der Raupen zählen insgesamt mehr als 40 verschiedene Pflanzenfamilien. Meist werden junge Blätter oder Blüten genutzt, selten auch abgefallene, tote Blätter oder Flechten. Die Raupen fressen überwiegpend einzeln (solitär), seltener gesellig (gregär). Die Raupe zumindest einer Art, Setabis lagus (Nymphidiini), soll sich räuberisch ernähren. Es liegen Angaben über Prädation von Larven von Horiola sp. (Fam. Membracidae) sowie von Napfschildläusen (Coccidae) vor. Räuberische Ernährung einiger anderer Arten wird nach dem Eiablageverhalten vermutet, ist aber nicht nachgewiesen.

Literatur
ACKERY, P. R., DE JONG, R. & VANE-WRIGHT, R. I. (1999): The Butterflies: Hedyloidea, Hesperioidea, Papilionoidea. In: Niels P. Kristensen (editor): Lepidoptera, Moths and Butterflies. Volume 1: Evolution, Systematics, and Biogeography. Walter de Gruvter, Berlin & New York 1999, pp. 283-284.

BATES, H. W. (1868): A catalogue of Erycinidae, a family of diurnal Lepidoptera,
Journal of the Linnean Society (London) (Zoology), 9( 39): 373–459.

HALL, J. P. W. (2003): Phylogenetic reassessment of the five forewing radial-veined tribes of Riodininae (Lepidoptera: Riodinidae). Systematic Entomology 28: 23-37.

MENGEL, L. W. (1904): A Catalogue of the Erycinidae, a Family of Butterflies. With the Synonomy brought down to July (corr. Oct.) 1, 1904. Reading 1905. The Canadian Entomologist 50(1/2): 161 pp.

SEITZ, A. (1916–20): 8.Familie Erycinidae, in A. SEITZ (ed.). Die Gross-Schmetterlinge der Erde, Vol. 5 (Stuttgart: A. Kernen), pp. 617–728.

SERAPHIM, N., KAMINSKI, L. A., DEVRIES, Z., PENZ, C. M., CALLAGHAN, C. J., WAHLBERG, N., SILVA-BRANDÃO, K. L. & FREITAS, A. V. L. (2018). Molecular phylogeny and higher systematics of the metalmark butterflies (Lepidoptera: Riodinidae). Systematic Entomology 2018: 1-19.

STICHEL, H. F. E. J. (1910/11). Family Riodinidae. Allgemeines. Subfamily Riodininae. Genera Insectorum, 11, 1±452.

STICHEL, H. F. E. J. (1930–1931). Riodinidae Lepidopterorum Catalogus, Vol. 38-41, pp. 1–795. In: E. Strand [ed.], Lepidopterorum catalogus. W. Junk, Berlin.

(Text: Josef DE FREINA 17.07.2018)