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Lymantriidae |
Lymantriidae - Typenverzeichnis |
Über (5) Lymantriidae (Wollspinner, Trägspinner, Schadspinner) Die Lymantriinae standen lange Zeit im Rang einer Familie (Lymantriidae) in der Überfamilie Noctuoidea, wurden jedoch durch LAFONTAINE und FIBIGER (2006) nach einer Revision auf Unterfamilienniveau der Noctuidae gesetzt, der sie nahe stehen. Die Taxonomie ist eine dynamische Disziplin und neuere phylogenetische Studien haben die Familie Lymantriidae als Unterfamilie Lymantriinae der neu gebildeten Familie Erebidae klassifiziert. Diese Studien fanden heraus, dass die Familie Lymantriidae eine spezialisierte Linie innerhalb der Erebidae bildet. Die deutsche Bezeichnung Wollspinner nimmt Bezug auf den Hinterleib der Weibchen, der mit dichter Afterwolle bestückt ist, mit der die Eigelege zu deren Tarnung bedeckt werden. Die Lymantriinae kommen weltweit mit etwa 3.000 Arten vor, fehlen aber in Neuseeland, auf Hawaii, auf den Antillen und in Neukaledonien. Besonders in der palaearktischen Region, wo sie sogar in der Arktis vertreten sind, weisen sie ein breites Artenspektrum auf. Vermehrt trifft man auf Lymantriinae auch im Grenzbereich zum indoaustralischen Faunenbereich. In den meisten Fällen handelt es sich um mittelgroße, stark behaarte Arten mit breiten Flügeln. Mehrheitlich weisen sie unscheinbare, gedämpfte Farben (Braun über Grau bis Schwarz) auf, aber einige Arten sind auch überwiegend mit weißer Grundfarbe ausgestattet. Die Falter sind mittelmäßig bis kräftig gebaut und erreichen eine Flügelspannweite von 25 bis 50 Millimetern, wobei die Männchen meist deutlich kleiner sind als die Weibchen. Die Vorderflügel sind 1,5- bis 2,3-mal so lang wie breit und deutlich länger als die stark abgerundeten Hinterflügel. Es gibt aber im Tribus Orgyiini auch Arten, bei denen die Weibchen flugunfähig sind, da ihnen entweder die Flügel fehlen oder diese nur reduziert ausgebildet sind. Die in Ruhestellung dachartig angeordneten Vorderflügel haben 12 Flügeladern mit einer Analader (1b), die Hinterflügel 8 oder 9 Adern mit zwei Analadern (1a und 1b). Die Fühler sind kurz und erreichen nur ein Drittel bis etwa die Hälfte der Vorderflügellänge. Die der Männchen sind gefiedert oder lang bipectin, die der Weibchen fadenförmig, kurz gezähnt oder auch nur einfach gekämmt. Den Faltern fehlt ein Saugrüssel, weshalb sie zu keiner Nahrungsaufnahme fähig sind. Die Männchen weisen am Metathorax tympanale Organe auf, Maxillarpalpen sind zurückgebildet oder fehlen, die wolligen Beine sind meistens kurz, das Abdomen des Männchens schlank, das des Weibchens plump, dick und mit einem Afterwollpaket bestückt. Die Falter sind meist dämmerungs- oder nachtaktiv, bei den Orgyiini fliegen die Männchen, basierend auf reduzierter Augengröße, aber auch tagsüber. Die Raupen der Trägspinnerarten, die neben den drei Brustbeinpaaren vier Bauchbeinpaare und einen Nachschieber aufweisen, sind teilweise sehr stark und auffällig behaart. Manche Raupen tragen auf dem Rücken sehr auffällige bürstenartige Haarbüschel, was sich auch in deren Artnamen widerspiegelt, wie beim Schlehen-Bürstenspinner (Orgyia antiqua) und Rotschwanz (Calliteara pudibunda). Zahlreiche Arten, wie der Schwammspinner (Lymantria dispar) und der Goldafter (Euproctis chrysorrhoea haben auch Brennhaare, die schmerzhafte Reaktionen in Form von Entzündungen hervorrufen können, wenn sie mit der Haut in Berührung kommen. Zu den Lymantriinae zählen eine Reihe von Arten, die als Schädlinge in Erscheinung treten. Einige sind als Schädlinge in Landwirtschaft und Forst berüchtigt, so beispielsweise der Schwammspinner (Lymantria dispar) und die Nonne (Lymantria monacha), bei denen auch ungeheure Massenvermehrungen auftreten können. Darauf geht auch die Bezeichnung der Unterfamilie als Schadspinner zurück. Der überwiegende Teil der Arten verursacht aber lediglich geringe Schäden oder besitzt keine wirtschaftliche Relevanz. Die Nahrungspalette an Wirtspflanzen ist breit gefächert und umfasst sowohl Laub- als auch Nadelgehölze. Über die Bestände an Lymantriinae im Museum Witt: In dieser Familie ist die Systematik einer Reihe von Gattungskomplexen revisionsbedürftig. Eine Revision der Gattung Lymantria HÜBNER, [1819] erschien Ende 2004 aus der Feder von Dr. Alexander SCHINTLMEISTER (Quadrifina 7: 1‒248). Darin wird die Gattung in 12 Subgenera aufgeteilt, wovon 9 hier erstmalig beschrieben und eingeführt werden. Derzeit sind 166 Lymantria-Arten bekannt. Alle Arten mit Ausnahme von 3 species incertae sedis werden in Farbe abgebildet und mit ihren männlichen Genitalien (in einigen Fällen auch die weiblichen Genitalapparate) illustriert. Punktkarten zeigen die Verbreitung asiatischer Arten der Gattung. 41 Arten und 22 Unterarten werden als neu für die Wissenschaft beschrieben, 1 Neotypus und 1 Lectotypus werden festgelegt, 25 neue Synonymien, 14 neue Stati und revivals sowie 32 neue Kombinationen werden publiziert. Insgesamt wurden cirka 45.000 Tiere aus 19 Museen und weiteren Privatsammlungen in die Untersuchung mit einbezogen. Das gesamte Material der Gattung Lymantria der SCHINTLMEISTER-Sammlung mit 58 Holotypen und 1266 Paratypen, die 28 der Gesamtzahl der darin enthaltenen Tiere ausmachen, wurde vom Museum WITT erworben und mit den bereits vorhandenen Beständen, die ebenfalls Typenmaterial enthalten, zur weltweit umfassendsten Spezialsammlung dieses Gattungskomplexes vereint. Mit den zum Teil in Serie vorliegenden dazugehörenden Genitalpräparaten, Typenfotos und den auf CD-ROM gelieferten ergänzenden Abbildungen von in anderen Museum archivierten und in der Revision berücksichtigten Präparaten ist der Stand der Kenntnis über die Gattung Lymantria nahezu vollständig dokumentiert. Allerdings ist das entsprechende Typenverzeichnis zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht vollständig aktualisiert.Ende 2004 wurde auch die Ordnung der Neuzugänge des Gattungskomplexes Euproctis sensu lato durch Igor ZOLOTUKHIN abgeschlossen. Diese rund 250 Kästen umfassende Aufsammlung ist unter Berücksichtigung der derzeit inhaltlich wichtigsten zusammenfassenden Arbeiten über verschiedene Faunengebiete vordeterminiert. Igor ZOLOTUKHIN ordnete auch die Neuzugänge des Gattungskomplexes Dasychira / Calliteara sensu lato. Dieser umfasst derzeit rund 150 Kästen. Im November 2010 übergab Dr. SCHINTLMEISTER seine gesamte Lymantriidae- Sammlung dem MWM. Es handelt sich um ca. 40.000 gespannte und bearbeitete Individuen sowie um 1836 Genitalpräparate. Hinzu kommt ungespanntes Material aus Südafrika, China und der indonesischen Inselwelt (Pantar, Sumba, Belitung, Tanimbar, Java, Alor, Leyte, Palawan), die der Thomas-WITT-Stiftung dankenswerterweise durch Herrn Uwe KURTH, Erfurt, zugewendet wurden. Zum selben Zeitpunkt begann das gezielte Projekt der Revision der Familie Lymantriidae durch Dr. Tatyana TROFIMOVA, Staatliche Universität von Samara, Russland, und Dimitry F. SHOVKUN, Forschungslabor EKOTON, Universität Samara, Russland. Ein erster einmonatiger Forschungsaufenthalt hatte die Sichtung und Ordnung des Materials der Dasychira / Calliteara -Gruppe als Zielsetzung sowie daraus die Erstellung umfangreicher Serien von Genitalpräparaten. Darüber hinaus wurde ein wesentlicher Teil der Primärtypen dieses Komplexes untersucht und in Form von ausgedruckten Fotos mit Genitalscans dem Sammlungsmaterial zugeordnet. Seit 2011 sind weitere Forschungsaufenthalte in Planung. Literatur DE FREINA, J. J. & WITT, T. J. (1987): Nolidae, Arctiidae, Syntomidae, Dilobidae, Lymantriidae, Notodontidae, Thaumetopoeidae, Thyretidae, Axiidae, Drepanidae, Thyatiridae, Bombycidae, Brahmaeidae, Endromidae, Lasiocampidae, Lemoniidae, Saturniidae. In: Die Bombyces und Sphinges der Westpalaearktis, Band 1 (708 pp., 46 Farbtafeln). – Edition Forschung & Wissenschaft Verlag GmbH, München. EBERT, G., HIRNEISEN, N., KRELL, F.T., MÖRTTER, R., RATZEL, U., SIEPE, A., STEINER, A. & TRAUB, B. (1994): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band IV: Nachtfalter II. ‒ Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 535 pp. LAFONTAINE, J. D & FIBIGER, M. (2006): Revised higher classification of the Noctuoidea (Lepidoptera). ‒ Canadian Entomologist, Ottawa, 138: 610–635. PRO NATURA – SCHWEIZERISCHER BUND FÜR NATURSCHUTZ [Hrsg.] (2000): Schmetterlinge und ihre Lebensräume. Arten – Gefährdung – Schutz. Schweiz und angrenzende Gebiete. Band 3: Hepialidae (Wurzelbohrer), Cossidae (Holzbohrer), Sesiidae (Glasflügler), Thyrididae (Fensterschwärmer), Lasiocampidae (Glucken), Lemoniidae (Wiesenspinner), Endromidae (Frühlingsspinner), Saturniidae (Pfauenspinner), Bombycidae (Seidenspinner), Notodontidae (Zahnspinner), Thaumetopoeidae (Prozessionsspinner), Dilobidae (Blaukopf-Eulenspinner), Lymantriidae (Trägspinner), Arctiidae (Bärenspinner). – XI + 914 S.; Egg/ZH (Fotorotar AG). SCHINTLMEISTER, A. (2004): The taxonomy of the genus Lymantria Hübner, [1819] (Lepidoptera: Lymantriidae). ‒ Quadrifina 7: 1‒248. ZHAO, Z. (2003): Lepidoptera: Lymantriidae. ‒ In: Fauna Sinica, Insecta, Volume 30. Science Press, Beijing, China. 484 pp. (Text in chinesisch). (Text: Josef DE FREINA 28.12.2018) |