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Nymphalidae - Typenverzeichnis


Über Nymphalidae

Nymphalidae (Edelfalter, Fleckenfalter, Putzpfotenfalter)

Mit weltweit über 6000 Arten sind die Nymphalidae innerhalb der Ordnung der Schmetterlinge (Lepidoptera) die artenreichste Familie. Sie sind eine facettenreiche Gruppe von meist kräftig geflügelten und sehr bunten Schmetterlingen, die in den meisten Teilen der Welt heimisch sind. Vor allem in den tropischen Regionen sind sie zahlreich, wobei der Schwerpunkt ihrer Biodiversität in den Tropen Südamerikas liegt.

Nach jüngeren Forschungsergebnissen setzt sich die Familie aus mehreren Unterfamilien zusammen. Einige von diesen, namentlich die Augenfalter (Satyrinae), die Morphinae, die Libytheinae oder die Danainae wurden in der älteren Literatur und werden von manchen Entomologen auch heute noch als eigene Familien gewertet. Mehrheitlich festigt sich allerdings die Ansicht, sie als Unterfamilien des Monophylums Nymphalidae einzustufen.
Demnach unterteilt man die Familie in die elf Unterfamilien Libytheinae (Schnauzenfalter), Heliconiinae (Passionsblumenfalter), Nymphalinae (Fleckenfalter), Limenitidinae (Eisvögel), Apaturinae (Schillerfalter), Satyrinae (Augenfalter), Calinaginae, Danainae (Monarchfalter), Charaxinae, Cyrestinae, und Morphinae, von denen in Europa sieben mit 244 Arten und Unterarten vorkommen, davon 115 Arten im mitteleuropäischen Raum.

In Europa gehören einige zu den farbenprächtigsten und beliebtesten Arten. Unter diesen sind sehr bekannte Tagfalter wie beispielsweise das Tagpfauenauge (Inachis io), der Kleiner Fuchs (Aglais urticae), die Schillerfalterarten oder der Kaisermantel (Argynnis paphia) zu finden.
Die heimischen Schillerfalter, die zur Unterfamilie der Apaturinae gehören, weisen wie die blitzend blauen südamerikanischen Morpho-Falter (Morphinae) auf der Flügeloberseite einen ausgeprägten Schillerglanz auf, der durch spezielle Lichtbrechung in den Schuppen hervorgerufen wird.

Bei den meisten Arten handelt es sich um mittelgroße bis große Schmetterlinge mit Flügelspannweiten von 40 bis 100 Millimetern und mannigfaltigen Fleckmustern, die ein gemeinsames Merkmal verbindet, denn sie besitzen nur zwei funktionsfähige Beinpaare. Das vorderste ist nämlich stark verkürzt und dient nur noch als Putzpfote, bei den Weibchen auch als Sinnesorganträger für das Überprüfen des Eiablagesubstrats. Daher werden die Nymphalidae auch als Putzpfotenfalter bezeichnet. Als weiteres gemeinsames synapomorphes Merkmal haben sie entlang der Unterseite über alle Segmente der Fühler verlaufende, längliche Rillen, zwischen denen zwei durchgehende Vertiefungen oder seichte Mulden liegen.

Ihre Fühler sind etwa halb so lang wie die Vorderflügellänge und am Ende keulenförmig verbreitert. Die Falter besitzen nur Facettenaugen, die reduzierten Maxillarpalpen sind lediglich eingliedrig, ihre dreisegmentigen Labialpalpen sind nach oben gerichtet. Der nicht geschuppte Saugrüssel ist voll ausgebildet. Die Vorderflügel haben zwölf Flügeladern und nur eine Analader 1b, die Hinterflügel neun Adern und zwei Analadern (1a und 1b). Ihnen fehlt die Ader 1c.

Ihre Flügelgrundfarben sind überwiegend Dunkelbraun, Orangebraun, Gelbbraun, Gelb, Rot, Blau, Violett oder Schwarz, aber die Unterfamilien unterscheiden sich zum Teil deutlich in ihrer Färbung. So haben vor allem die Satyrinae Augenflecken auf den Flügeln, die paläarktischen Vertreter der Perlmutterfalter Perlmutterflecken auf ihren Flügelunterseiten und die Scheckenfalter der Tribus Melitaeini weisen eine charakteristische schwarze und orange Zeichnung auf.
Die überwiegend oberseitig farbenprächtigen Falter halten ihre Flügel in Ruhestellung flach ausgebreitet. Die Unterflügel sind viel blasser und stumpf gefärbt. Bei einigen Arten ähneln sie als Tarnmuster abgestorbenen Blättern. Dies ergibt einen kryptischen Effekt, der dem Schmetterling hilft, in seiner Umgebung unauffällig zu werden.
Die Eier der Edelfalter sind kugelförmig und sind entweder gerillt oder haben eine netzartige Struktur. Die Raupen haben meist zahlreiche Dornen, die auch verästelt sein können. Es gibt aber auch Arten, deren Raupen lange Haare aufweisen. Sie ernähren sich von verschiedenen Pflanzenfamilien, wie z. B. von Veilchengewächsen (Violaceae), Brennnesselgewächsen (Urticaceae), Ulmengewächsen (Ulmaceae), Weidengewächsen (Salicaceae), Hanfgewächsen (Cannabaceae), Geißblattgewächsen (Caprifoliaceae) und anderen. Die Raupen der Augenfalter fressen bevorzugt Süß- (Poaceae) und Sauergräser (Cyperaceae). Manche Arten leben gesellig in Gruppen auf den Futterpflanzen.

Die Verpuppung findet nach der Anfertigung eines Verankerungsgespinstes für die Nachschieberbeine als Stürzpuppe oder Hängepuppe statt, die oft Höcker trägt und bei vielen Arten metallisch glänzende Flecken aufweist.

Die Arten sind meist einbrütig, einige treten aber auch in 2-3 Generationen auf. Die Überwinterung erfolgt bei vielen europäischen Nymphalidenarten als Imago, beim Landkärtchen (Araschnia levana) als Puppe, bei den übrigen Arten als Ei. Einige Arten wie der Distelfalter oder der Admiral sind, regelmäßig aus dem Süden einfliegend, Wanderfalter.

Mit dem Erwerb zahlreicher Sammlungen gelangte auch ansehnliches und artenreiches Nymphalidenmaterial ins Museum Witt, das vorrangig aus dem palaearktischen Faunengebiet und dem südostasiatischen Raum stammt. Dieses ist bis dato allerdings nur partim systematisch geordnet.

Besondere Erwähnung verdient die rund 100 Kästen umfassende Sammlung an Arten der südamerikanischen Nymphalidae-Gattung Anaea HÜBNER (sensu COMSTOCK 1961), in die unter anderem auch die Originalausbeuten von E. C. WELLING, F. KÖNIG und R. ZISCHKA einflossen. In den 60er Jahren beschäftigte sich Thomas J. WITT intensiver mit dieser Gattung. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse fanden in mehreren seiner Publikationen ihren Niederschlag, darunter in faunistischen Bearbeitungen der Anaea Boliviens (WITT 1970) und der Anaea des artenreichen Chanchamayo-Tales in Peru (WITT in BAUMANN & WITT 1977).

Literatur

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(Text DE FREINA 30.09.2017)

Der gesamte Bestand ist dargestellt unter: Virtuelle Sammlungen